VR-HYPERSPACE – Flugkomfort in Virtueller Realität
Zukünftige Technologien sollen helfen, die Raum- und die Eigenwahrnehmung in Flugzeugen zu verändern

Aufgrund ständig steigender Passagierzahlen und dem nur begrenzten Platzangebot in Flugzeugkabinen wird Passagierkomfort in Zukunft ein immer wichtigeres Thema sein. VR-Hyperspace, unter der Leitung von The University of Nottingham, ist ein vom 7. Forschungsrahmenprogramm (FP7) der Europäischen Kommission gefördertes Grundlagenprojekt, das Technologien zur Erhaltung und Verbesserung des Passagierkomforts in Flugzeugkabinen erforscht.
Neueste Forschungsergebnisse aus den Neurowissenschaften haben gezeigt, dass man mit Hilfe von Virtueller Realität (VR) erstaunlich einfach die Illusion eines veränderten Raumes, ja sogar eines veränderten Körperbewusstseins erzeugen kann. Neun verschiedene Forschungsinstitutionen und Industrieunternehmen aus sechs Ländern arbeiten daran, solche Verfahren zu entwickeln und ihre Tauglichkeit in Bezug auf die Erhöhung des Passagierkomforts in verschiedensten Anwendungsszenarien zu überprüfen. Die getesteten Technologien reichen vom Einbau eines Displays in die Oberflächen der Kabine bis hin zu vollständiger Immersion in eine Virtuelle Realität, die sowohl die Raum- als auch die Körperwahrnehmung verändern kann. Die vielversprechendsten Entwicklungen von VR-Hyperspace werden in die Kabine eines Bewegungssimulators integriert, die es erlaubt, diese Technologien auf engem Raum und auch unter extremen Flugbedingungen wie beispielsweise bei Turbulenzen zu testen.

Das Fraunhofer IAO hat im Projekt einen Flugzeugkabinenaufbau entwickelt, bei dem mittels Virtueller Realität die Flugzeugwand und der Innenraum transparent geschaltet werden können. Möglich wird dies dadurch, dass die Kabine nahezu komplett aus Displayflächen besteht. Projektoren lassen Bilder an den Kabinenwänden erscheinen, im Boden sind Flachbildfernseher verbaut und auch die Rückenlehnen der Sitze bestehen aus Displayflächen. Anhand von VR ist nun nahezu jede denkbare Szene darstellbar. Vielleicht möchte man das Fliegen voll auskosten durch freie Sicht auf die Landschaft wie in einer gläsernen Flugzeugkabine? Bei Höhen- oder Flugangst kann die Displayfläche beispielsweise auch eine tropische Insel oder einen Bachlauf im Wald abbilden. In dieser virtuellen Welt kann der Passagier außerdem mit gängigen Office-Anwendungen arbeiten, während er virtuell die Sonne auf einer einsamen Insel genießt. Erste Untersuchungen zeigen bereits, dass Probanden eine unkomfortable Situation mit den entwickelten Szenarien länger ertragen können und die Zeit scheinbar schneller vergeht.

Dem Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik kommt innerhalb des Projekts die Aufgabe zu, wissenschaftliche Resultate zum Thema „Eigen- und Raumwahrnehmung“ bei Flugbewegungen wie beispielsweise Turbulenzen zu testen. Mit Hilfe eines Head Mounted Displays (HMD), einer Art Brille, mit der virtuelle Szenen räumlich gesehen werden können, konnte schon in ersten Versuchen gezeigt werden, dass es möglich ist, ein Gefühl eines vergrößerten Raumes wie beispielsweise einer Strandszene entstehen zu lassen. Das Thema „Virtual Embodiment“ wird zusammen mit Partnern der Universitat de Barcelona behandelt und es konnte bereits gezeigt werden, dass der Eindruck eines virtuellen Körpers in einer bequemen Körperhaltung positiven Einfluss auf das subjektive Wohlbefinden hat. In den kommenden Monaten gilt zum einen der Fokus den Fragestellungen, ob diese Illusionen auch während des Fluges erzeugt werden können und zum anderen, ob sie Stress mindern können, der durch Turbulenzen im Flug ausgelöst wurde. Für die Simulation von Turbulenzen werden die durch das HMD erfahrenen Illusionen zusammen mit physiologischen und wahrnehmungsbasierten Messmethoden und dem eigens am Institut entwickelten CyberMotion-Simulator (CMS) kombiniert. Der CyberMotion-Simulator ist ein neuartiger Bewegungssimulator, der Wissenschaftlern die Möglichkeit bietet, zukünftige Flugszenarien mit Hilfe von Virtueller Realität zu testen und dabei gleichzeitig das Verhalten der Probanden zu untersuchen.