Ich schau Dir in die Augen, Artgenosse!

Menschen und Affen sind Experten für Gesichtererkennung und sich damit ähnlicher als bislang vermutet

26. Februar 2009

Schon Darwin hat sich mit den Gesichtsausdrücken von Affen beschäftigt, um herauszufinden, wie eng die Verwandtschaft zwischen Mensch und Affe wirklich ist. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen konnten nun zeigen, dass Rhesusaffen und Menschen die gleiche Strategie anwenden, um Gesichter von Artgenossen zu verarbeiten: Beide richten den Blick bei Individuen der eigenen Art zunächst auf die Augen, während sie ihn bei Individuen der anderen Art zielloser über das Gesicht wandern lassen. Das bedeutet, dass sich im Laufe der Evolution bei beiden Arten dieselben Wahrnehmungsmechanismen im Gehirn entwickelt haben. Es muss sowohl für uns als auch für unsere nächsten Verwandten von großem Vorteil gewesen sein, die Gesichter unserer Artgenossen speziell zu verarbeiten. (Current Biology, 26. Februar 2009)

In der jetzt veröffentlichten Studie wurden sowohl Menschen als auch Affen Gesichter beider Arten gezeigt und die Bewegung der Augen registriert. Die Gesichter wurden dabei "normal" und auf dem Kopf stehend präsentiert. Aus der Wahrnehmungsforschung ist bekannt, dass auf dem Kopf stehende Gesichter für uns sehr schlecht zu erkennen sind, da die üblichen Verarbeitungsmechanismen, die uns zu Experten der Gesichtserkennung machen, in diesem Fall nicht funktionieren. Zudem weiß man, dass wir bei "normal" gezeigten Gesichtern vorrangig auf die Augen schauen. Die Analyse der Augenbewegungen kann also die verschiedenen Verarbeitungsstrategien sichtbar machen: viele Augenfixationen sind ein Maß dafür, dass das gezeigte Gesicht als "normal" gesehen wird.

Die Studie zeigt nun, dass diese Strategie bei Affen nur für Affengesichter greift und bei Menschen nur für Menschengesichter, obwohl Affen- und Menschengesichter untereinander die gleichen Merkmale (Augen, Mund, Nase) teilen. Zudem sind die Augenbewegungen bei beiden Arten genau gleich, egal ob Gesichter der jeweils anderen Spezies gezeigt werden oder ob ein Gesicht der eigenen Spezies auf den Kopf gestellt wird. In beiden Fällen verteilen sich die Fixationen in gleichem Maße weg von den Augen hin zu den anderen Teilen des Gesichts.

Affen sind also Experten für Affengesichter und Menschen Experten für Menschengesichter. "Das verblüffende ist dabei, dass auch die Strategien, mit denen die Gesichter der eigenen Spezies verarbeitet werden, dieselben sind. Menschen und Affen sind sich also noch ähnlicher als bislang gedacht", sagte Christoph Dahl, einer der beiden Hauptautoren der Studie.

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